Kommuniziert der schweizerische Bundesrat per WhatsApp?

Der Bundesrat ist die Bundesregierung der Schweiz. Kommuniziert der Bundesrat per WhatsApp?

SP-Bundesrat und Justizminister Beat Jans war Gast der Sendung «Donnschtig-Jass» im Schweizer Radio und Fernsehen (SRF).

Wie der bekannte Tech-Journalist Reto Vogt entdeckt hat, äusserte sich Bundesrat Jans in dieser Sendung zur Kommunikation per Messaging im Bundesrat (ab Minute 25:33).

Bundesrat Jans nannte im Gespräch mit Moderator Rainer Maria Salzgeber ausdrücklich die Verwendung von WhatsApp im Bundesrat (Video-Datei).

Transkript: Kommunikation per WhatsApp im Bundesrat

Moderator Rainer Maria Salzgeber:

«Ich habe gelesen, es gäbe einen Bundesrats-Chat, einen WhatsApp-Chat […]. Wie wird kommuniziert im Bundesrats-WhatsApp-Chat? […] Wie funktioniert das?»

Bundesrat Beat Jans:

«[…] Es kommen die wichtigsten Informationen rüber, zum Beispiel: Morgen ist eine dringliche Sitzung, Informationen dazu kommen um 10.00 Uhr auf diesem oder jenem Kanal zu Euch. Bitte schaut, dass Ihr um 11.00 Uhr bereits wisst, was Eure Position dazu ist. […].»

Salzgeber:

«Also die Landesregierung kommuniziert per WhatsApp miteinander?»

Jans:

«Jawohl.»

Salzgeber:

(Fassungslos.)

Jans:

«Also … bei so dringlichen Sachen. Aber eigentlich, wenn es nicht gerade die Zollhammer-Krise ist, dann haben wir unsere Abläufe, jede Woche Bundesratssitzung, und dort brauchen wir dieses WhatsApp dann nicht.»

Bundesrat Beat Jans: Verwechslung von Threema und WhatsApp?

Reto Vogt hofft, dass Bundesrat Beat Jans mit WhatsApp eigentlich Threema gemeint hat. Seit einigen Jahren setzt die Bundesverwaltung Threema Work für Messaging ein.

Bild: Direkter Vergleich der Logos von Threema Work und WhatsApp

Die Logos und Namen der beiden Apps sind deutlich unterscheidbar. Gleichzeitig könnte Bundesrat Jans «WhatsApp» als Synonym für «Instant Messaging» verwenden.

Bundesrat Jans ist als Bundesrat allerdings zuständig für die umstrittene Revision der Verordnung über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (VÜPF).

Gemäss dieser Revision müsste Threema die eigenen Nutzer identifizieren und allenfalls die Verschlüsselung aushebeln. Insofern sollte Jans mit Threema und überhaupt der Messaging-Thematik bestens vertraut sein.

WhatsApp: Wieso wäre die Verwendung im Bundesrat problematisch?

Die Verwendung von WhatsApp wäre problematisch. Die übermittelten Inhalte gelten zwar grundsätzlich als sicher verschlüsselt, aber in den WhatsApp-Apps könnte Meta die Inhalte mitlesen.

In jedem Fall kann Meta die Metadaten (sic!) der Kommunikation erfassen, also welche Nutzer wann und wo mit welchen anderen Nutzern kommunizieren. Diese Metadaten haben eine erhebliche Aussagekraft.

Ferner muss für eine sinnvolle Verwendung von WhatsApp der Zugriff auf das eigene Adressbuch gewährt werden. Die Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich schreibt in diesem Zusammenhang:

«Wird Whatsapp genutzt, übermitteln die Nutzenden fortlaufend die Kontaktdaten ihres Mobiltelefon-Adressbuches an Whatsapp und auch an Meta. Die Daten werden beim Herunterladen der App bekanntgegeben, aber auch später, wenn das Adressbuch verändert wird. Dabei werden auch Kontaktdaten von Personen weitergeleitet, die Whatsapp nicht installiert haben. Alle Daten, nicht nur die Kontaktdaten, werden in die USA weitergeleitet und dort gespeichert.»

Der Zugriff auf das Adressbuch ermöglicht das Auffinden von eigenen Kontakten, die WhatsApp bereits verwenden.

Meta erklärt lediglich, bei dieser Funktion jene Kontakte, die WhatsApp noch nicht verwenden, zu schützen:

«Wenn einige deiner Kontakte im Adressbuch deines Geräts WhatsApp noch nicht verwenden, schützen wir ihre Privatsphäre, indem wir ihre Telefonnummern so verwalten, dass die Kontakte von WhatsApp nicht identifiziert werden können. Dazu erstellen wir einen kryptografischen Hashwert ihrer Telefonnummer und löschen dann die Nummer. Jeder kryptografische Hashwert wird auf den Servern von WhatsApp gespeichert und mit den WhatsApp-Benutzer*innen verknüpft, die die entsprechenden Telefonnummern synchronisiert haben, bevor sie gehasht wurden. So können wir dich effizienter mit diesen Kontakten verbinden, wenn sie WhatsApp beitreten.»

Siehe auch:


Nachtrag: Bundesrat Beat Jans verwechselte angeblich Threema und WhatsApp

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), dem Bundesrat Beat Jans vorsteht, erklärte gegenüber dem «Blick», der Bundesrat habe Threema und WhatsApp verwechselt.

Der «Blick» beschreibt die Erklärung aus dem EJPD wie folgt:

«‹Es gibt keinen Bundesratschat auf Whatsapp›, stellt das EJPD klar. Für dringliche oder auch vertrauliche Kommunikation in einer Chat-Gruppe würde Threema verwendet.»

Und:

«Alles nur ein Missverständnis! Als Moderator Salzgeber den Begriff ‹Whatsapp› verwendete, habe der Bundesrat ihn nicht wegen des falschen Begriffs korrigieren wollen.»

Die Erklärung überzeugt allerdings nicht, denn die Logos und Namen von Threema und WhatsApp sind deutlich unterscheidbar.

Es wirft auch Fragen auf, dass sich Bundesrat Jans als schweizerischer Justizminister angeblich nicht getraut haben soll, den Moderator zu korrigieren.

Bundesrat Jans verzichtete im Gegenteil nicht nur auf eine Korrektur, sondern bestätigte die Verwendung von WhatsApp auf eine entsprechende Nachfrage ausdrücklich:

Moderator Salzgeber:

«Also die Landesregierung kommuniziert per WhatsApp miteinander?»

Bundesrat Jans:

«Jawohl.»

Die Erklärung aus dem EJPD überzeugt nicht. Eine naheliegende Erklärung ist, dass der Bundesrat für seinen Chat tatsächlich Threema verwendet, aber Bundesrat Jans bei «Instant Messaging» generell von «WhatsApp» spricht.


Nachtrag II: «Es gibt keinen Bundesrats-Chat auf WhatsApp»

Der Tech-Journalist Reto Vogt, der auf die WhatsApp-Äusserungen von Bundesrat Beat Jans aufmerksam geworden war, erhielt inzwischen vom EJPD eine ähnliche Erklärung wie der «Blick».

Vogt war ursprünglich an die Bundeskanzlei gelangt, die eigentlich für die Kommunikation im Bundesrat tätig ist. Die Bundeskanzlei leitete die Anfrage aber an das EJPD weiter.

Die Erklärung, die Vogt erhielt, lautet wie folgt:

««Beim Donnschtig Jass verwendete der Moderator den Begriff WhatsApp. Beat Jans beantwortete die Fragen des Moderators zur dringenden Kommunikation innerhalb des Bundesrats, ohne den vom Moderator verwendeten Begriff zu korrigieren. Es gibt keinen Bundesrats-Chat auf WhatsApp.» »

Bei den Erklärungen, die der «Blick» und Vogt erhielten, fällt auf, dass die Gegenwartsform «gibt» verwendet wird. Die Erklärung schliesst demnach nicht aus, dass es einen Bundesrats-WhatsApp-Chat gab.

2 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Felder mit * sind Pflichtfelder.