«Wählt Blocher» fordert Journalist und Verleger Markus Schneider in seinem «Neustart»-Weblog von der Vereinigten Bundesversammlung mit dem Ziel, «Blocher lahm [zu] legen». Schneider bezieht sich auf die morgigen Gesamterneuerungswahlen des Schweizerischen Bundesrates – kurz Bundesratswahlen 2011 –, die Schweizerische Volkspartei (SVP) und die aus SVP-Sicht unerwünschte Bundesratswahl von Eveline Widmer-Schlumpf im Dezember 2007.
Bundesrätin Widmer-Schlumpf, die mittlerweile für die SVP-Abspaltung Bürgerlich-Demokratische Partei (BDP) politisiert, wurde damals ohne Vorschlag durch die SVP anstelle des damaligen SVP-Bundesrates Christoph Blocher als Bundesrätin gewählt – mit ihrer Wahlannahme führte sie zur Abwahl von Blocher. Um die erneute Wahl und vor allem Wahlannahme eines nicht selbst vorgeschlagenen SVP-Mitgliedese in den Bundesrat zu verhindern, ergänzte die SVP Schweiz im Herbst 2008 ihre Statuten (PDF) um die folgenden drei neuen Absätze:
Art. 9 Abs. 3 der Statuten schliesst eine erneute SVP-Mitgliedschaft von Widmer-Schlumpf aus:
»Eine Mitgliedschaft in der SVP von Personen, die das Bundesratsamt angenommen haben, ohne von der SVP-Fraktion der eidgenössischen Räte dafür vorgeschlagen worden zu sein, ist nicht möglich.»
Art. 9 Abs. 4 der Statuten lässt jede SVP-Mitgliedschaft automatisch erlöschen, wenn ein nicht von der SVP-Fraktion in der Vereinigten Bundesversammlung selbst vorgeschlagenes SVP-Mitglied eine allfällige Wahl als wilder Kandidat in den Bundesrat annimmt:
»Bei einer Amtsannahme gemäss Art. 9 Abs. 3 der Statuten der SVP Schweiz erlischt die Mitgliedschaft in der SVP automatisch. Dies gilt sowohl für eine direkte Mitgliedschaft bei der SVP Schweiz wie auch für die Mitgliedschaft in einer SVP Sektion.»
Blocher wurde von der SVP-Fraktion (bislang) nicht zur erneuten Wahl in den Bundesrat vorgeschlagen. Bei einer erneuten Wahl und (unwahrscheinlichen) Wahlannahme würden alle SVP-Mitgliedschaften von Blocher oder anderen wilden SVP-Kandidaten automatisch erlöschen.
Der automatische Parteiausschluss müsste aber nicht von Dauer sein, denn die Statuten der SVP Schweiz enthalten eine weitere Bestimmung. Sie würde verhindern, dass Blocher bei einer erneuten Wahl und Wahlannahme im Sinn der Forderung von Markus Schneider lahmgelegt werden könnte. Art. 9 Abs. 5 der Statuten lautet wie folgt, die eine erneute SVP-Mitgliedschaft von Blocher oder anderen wilden Kandidaten ermöglichen würde:
«Im Falle der automatischen Beendigung des Mitgliedschaftsverhältnisses gemäss Art. 9 Abs. 4 der Statuten der SVP Schweiz kann die Mitgliedschaft erneuert werden, falls dies die SVP-Fraktion der eidgenössischen Räte wie auch der Zentralvorstand mit jeweils einer Zweidrittelmehrheit beschliessen.»
Bei Blocher zumindest ist anzunehmen, dass sich die SVP-Fraktion und der Zentralvorstand der SVP Schweiz für eine Erneuerung der SVP-Mitgliedschaft aussprechen würden.
Bild: Alt-Bundesrat Christoph Blocher (2010), Wikimedia Commons/Pakeha, CC BY-SA 3.0-Lizenz.
interessante aufdröselung. danke.
eine andere frage: darf man ihn eigentlich jetzt schon ungestraft einen lügner nennen oder steht man da mit halbem fuss in ausschaffungshaft?
Schade, ich hatte schon gehofft, dass man Blocher mit einer konzertierten Aktion wählen und damit aus der SVP ausschliessen könnte…