Facebook sperrte eine Nutzerin, weil sie Rechtsextreme in einem Kommentar als «Vollpfosten» bezeichnet hatte.
Hintergrund bildete eine Aktion der Identitären Bewegung im Sommer 2017: Die Identitären hatten ein Schiff namens C Star gechartert, um die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer zu stören. Die Aktion «Defend Europe» führte zu heftigen Diskussionen auf Facebook.
Als ein Nutzer die Besatzung der C Star gegen die Qualifikation als rechtsextrem verteidigte, antwortete die erwähnte Nutzerin mit «Vollpfosten sind Vollpfosten und basta».
In der Folge löschte Facebook – vermutlich aufgrund von Beschwerden – nicht nur den Kommentar, sondern sperrte die Nutzerin für 30 Tage. Nun urteilte das Amtsgericht Tübingen, dass Facebook mit der Sperrung seine Pflichten verletzt hatte, wie die deutsche taz schreibt:
«[…] Facebook habe sich vertraglich verpflichtet, eine Kommunikationsplattform bereitzustellen und Inhalte der Kunden zu veröffentlichen. Eine Sperrung sei nur möglich, wenn die Gemeinschaftsstandards verletzt wurden – was das Gericht […] verneinte.
Die Bezeichnung Vollpfosten sei zwar herabwürdigend, sie bedeute nichts anderes als ‹Dummkopf›. Es handele sich aber nicht um Hassrede, sondern nur um einen ‹überspitzten, polemischen› Kommentar. Dieser sei noch von der Meinungsfreiheit gedeckt, die mittelbar auch Facebook im Verhältnis zu den Kunden in Deutschland binde. Ein Mobbing liege, so Häcker, auch deshalb nicht vor, weil Facebook unter Mobbing nur die Herabwürdigung von ‹Privatpersonen› versteht. Die C-Star-Crew habe aber nicht privat gehandelt, sondern gerade auf öffentliche Wahrnehmung abgezielt.»
Keinen Erfolg hatte die Nutzerin mit dem Antrag, dass «Vollpfosten sind Vollpfosten» nie wieder zu einer Kontensperrung führen dürfe. Das Gericht bezeichnete den Antrag als zu unbestimmt, denn es komme immer auf den Kontext an.
Facebook hatte ursprünglich versucht, die Klage mit dem Argument abzuwehren, die Klage sei nicht in englischer Übersetzung eingereicht worden. Beim zuständigen Ableger in Irland spreche man Englisch und nicht Deutsch. Das Gericht zeigte kein Verständnis:
«[…] schließlich biete Facebook seinen Service auch in deutscher Sprache an, lasse Beschwerden in deutscher Sprache zu und prüfe auf deutsch formulierte Postings.»
Das Urteil ist – so die taz in ihrer Berichterstattung – noch nicht rechtskräftig. Die zuständige Richterin geht – so ein Artikel der Stuttgarter Zeitung – davon aus, dass Berufung erhoben wird:
«[…] sie sei sicher, dass eine der beiden Seiten das Urteil einen Stock höher überprüfen lasse. Dort sitzt das Landgericht.»
Das Urteil zeigt einmal mehr, dass Nutzer bei Facebook ihre Meinungsfreiheit auf dem Rechtsweg erfolgreich verteidigen können. Facebook leistet allerdings – wie alle grossen Internet-Unternehmen – erheblichen Widerstand. Wer nicht die Energie, das Geld und die Zeit für ein aufwendiges und langwieriges Verfahren gehen Facebook aufbringt, muss mit Einschränkungen der Meinungsfreiheit bei Facebook leben.
Bild: Pixabay / MichaelWuensch, Public Domain-ähnlich.