Kanton Basel-Stadt: Wahl der neuen Datenschutzbeauftragten Danielle Kaufmann mit rechtem Misstrauensvotum

Foto: Danielle Kaufmann

Die künftige Datenschutzbeauftragte des Kantons Basel-Stadt heisst Danielle Kaufmann. Der Grosse Rat, das Kantonsparlament, wählte Kaufmann mit 57 Stimmen gegen 40 Leerstimmen.

Danielle Kaufmann wird das Amt am 1. August 2024 als Nachfolgerin von Beat Rudin antreten. Die Amtsdauer beträgt sechs Jahre und beginnt am 1. August 2024.

Rudin hatte das Amt an der Spitze der kantonalen Datenschutz-Aufsichtsbehörde seit 2009 ausgeübt. Im August 2023 hatte Rudin altershalber seinen Rücktritt erklärt.

Auswahlverfahren: 12 Bewerbungen als Datenschutzbeauftragte des Kantons Basel-Stadt

Auf die Ausschreibung für die Stelle der Datenschutzbeauftragten des Kantons Basel-Stadt hatten sich fünf Frauen und sieben Männer beworben.

Die Bewerbungen waren, so die Wahl­­vorbereitungs­­kommission, «meist von hoher Qualität». Interessanterweise bewarben sich auch Personen ohne Erfahrung mit Datenschutz.

Drei Personen – zwei Frauen und ein Mann – schafften es in die engere Auswahl. Im Ergebnis waren für die Kommission zwei Personen – eine Frau und ein Mann – wählbar.

Schliesslich entschied sich die Kommission, auch nach einem Gespräch mit Amtsinhaber Rudin, zur Empfehlung für Danielle Kaufmann:

«[…] Bevor [die Kommission] sich für eine Person entschied, wollte sie Beat Rudin anhören und hat ihn um eine Einschätzung zu diesen zwei Personen gebeten. Beat Rudin verzichtete ausdrücklich – und dem Wunsch der Kommission entsprechend – auf eine Wahlempfehlung, sondern versuchte, die beiden Kandidierenden aufgrund seiner aus verschiedenen Bereichen gemachten Erfahrungen mit dem Anforderungsprofil im Stelleninserat einzuordnen.

Das Gespräch mit Beat Rudin empfand die Kommission als sehr hilfreich. Die Eindrücke aus den Gesprächen sowie die Einschätzungen des jetzigen Datenschutzbeauftragten führten nach intensiver Diskussion mit 6 gegen 1 Stimme zum Entscheid der Wahlvorbereitungskommission und zum Wahlantrag an den Grossen Rat.»

Wahlkommission: Argumente für Wahl von Danielle Kaufmann

Ihren Wahlvorschlag für Danielle Kaufmann begründete die Kommission wie folgt:

«Ausschlaggebend für den Wahlvorschlag waren einerseits die grosse Erfahrung von Danielle Kaufmann im Bereich Datenschutz sowie das Vertrautsein mit den Abläufen in der Basler Verwaltung und anderseits ihre hohe Fachkompetenz in juristischen wie auch technischen Fragestellungen. Dies ist für die Arbeit der Datenschutzstelle von grosser Bedeutung. Für die Kommission ist es zudem wichtig, dass die Datenschutzstelle nicht als ‹Verhinderer› wahrgenommen wird, sondern dass in Zusammenarbeit mit den Ansprechpersonen zielorientiert Lösungen erarbeitet werden können. Dies konnte Danielle Kaufmann im Hearing überzeugend darlegen.»

Anlass zu Diskussionen gab in der Kommission das politische Engagement von Kaufmann als SP-Politikerin:

«Danielle Kaufmann war […] in zahlreichen Institutionen und Organisationen nebenberuflich engagiert. Bekannt wird Danielle Kaufmann den meisten aus ihrer Zeit als Grossrätin sein. Sie vertrat die Sozialdemokratische Partei von 2013 bis 2022 im Grossen Rat. Von 2020 bis 2022 war sie Präsidentin der grossrätlichen Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission und hat die IDG-Gesetzesrevision, die bald in Kraft treten soll, massgeblich mitgeprägt.»

Und:

«Ein […] diskutiertes Thema war, dass Frau Kaufmann den meisten Kommissionsmitgliedern persönlich oder durch ihre engagierte Arbeit als Grossrätin bekannt war. Die Kommission kam einhellig zur Ansicht, dass dies der Kandidatin weder zum Vor- noch zum Nachteil gereichen dürfe.»

Das erwähnte IDG ist das Gesetz über die Information und den Datenschutz (Informations- und Datenschutzgesetz, IDG) im Kanton Basel-Stadt.

Wahl: Misstrauensvotum der rechten Parteien im Kantonsparlament

Danielle Kaufmann wurde am 10. April 2024 mit den Stimmen von 57 der 97 stimmenden Ratsmitglieder gewählt. Das Ergebnis ist ein Misstrauensvotum.

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) und weitere rechte Parteien lehnten die Wahl von Kaufmann – soweit ersichtlich –  grossmehrheitlich ab, was sie mit Leerstimmen zum Ausdruck brachten.

Die möglichen Gründe beschreibt die Basler Zeitung (BAZ) wie folgt:

«40 Mitglieder des Grossen Rats – darunter wohl vor allem Bürgerliche – legten einen leeren Wahlzettel ein. Der Grund dafür dürfte sein, dass sich Kaufmann in der Vergangenheit in rechtlichen Belangen dezidiert links geäussert hat. Von 2013 bis 2022 sass sie für die SP im Grossen Rat. Auch ist sie Mitglied der ‹demokratischen Juristen und Juristinnen› – einer politisch linken Gruppe, die Demonstrationen beobachtet und danach häufig die Polizei kritisiert.»

OnlineReports schreibt im gleichen Zusammenhang:

«Das mässige Resultat bleibt nicht unkommentiert. Auf X schreibt SVP-Fraktionschef im Grossen Rat, Lorenz Amiet: ‹Wenn die an sich unpolitische Stelle der Datenschutzbeauftragten mit einem Stimmenverhältnis von 57:42 besetzt wird, nota bene ohne Gegenkandidatur, ist das eine Ohrfeige. Nicht primär an die Kandidatin, sondern an die unsensible Wahlvorbereitungskommission.›»

Ironischerweise politisierten die rechten Parteien die Wahl zum unpolitischen Amt der kantonalen Datenschutzbeauftragten überhaupt erst mit ihrem Verhalten .

Bei aller Kritik gelang es den rechten Parteien offensichtlich nicht, einen ihnen genehmen Kandidaten durchzusetzen. Als Sprachrohr gegen die Wahl von Kaufmann trat im Kantonsparlament ausgerechnet der rechtsextreme Eric Weber von der «Volks-Aktion gegen zu viele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat» auf, der mit seinem Rückweisungsantrag aber kläglich scheiterte.

Letztlich erfolgte die Wahl von Danielle Kaufmann als Ombudsstelle, nein, als Datenschutzbeauftragte in geheimer Wahl mit den erwähnten 57 Stimmen:

Bei LinkedIn äusserte sich Daniel Kaufmann wie folgt zu ihrer Wahl:

«Ich freue mich sehr über die Wahl zur Datenschutzbeauftragten des Kantons Basel-Stadt ab August 2024. Die rasante Digitalisierung und der zunehmende Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung bringen grosse datenschutzrechtliche Herausforderungen, die ich gerne anpacken werde. Es ist hilfreich, dabei in die Fussstapfen – wenn auch sehr grosse – von Beat Rudin treten zu dürfen, er hat viele Wege schon gut gespurt! »

Ich bin überzeugt, dass Danielle Kaufmann den Rollenwechsel von einer engagierten linken Politikerin zu einer engagierten, unpolitischen Datenschutzbeauftragten gelingen wird.

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