Airbnb sperrt Zürcherin wegen Diskriminierung

Aktualisiert

Mann abgelehntAirbnb sperrt Zürcherin wegen Diskriminierung

Die Plattform für die Vermietung der eigenen Wohnung boomt. Auch Julia war Mitglied bei Airbnb – bis sie einen Mann nicht als Gast wollte.

Dominic Benz
von
Dominic Benz

Julia* war der Mann nicht geheuer. Ihre Wohnung wollte sie ihm auf Airbnb nicht vermieten. Sie wies ihn mit der Begründung ab, sie bevorzuge einen weiblichen Gast. «Ich hatte bei dem Mann einfach kein gutes Gefühl», sagt die Zürcherin zu 20 Minuten.

Kurz darauf war Julias Airbnb-Account gesperrt. Die Firma teilte ihr mit: «Leider können wir dein Nutzerkonto aufgrund des Verstosses gegen unsere Antidiskriminierungsrichtlinie nicht wieder aktivieren.» Julia habe den Gast wegen seines Geschlechts abgelehnt und damit diskriminiert.

Airbnb betreibt Null-Toleranz-Politik

Die Zürcherin verstand die Welt nicht mehr. Sie versuchte sich bei Airbnb zu erklären. Zurück kamen nur Standardmails. «Meine Wohnung habe ich schon oft Männern vermietet», sagt Julia. Sie vermietete über die Vermittlungsplattform regelmässig ihre ganze 2-Zimmer-Wohnung. Dafür erhielt sie die besten Bewertungen: Julia war eine vorbildliche Gastgeberin, ein sogenannter «Superhost».

Das ist Airbnb egal. Die US-Firma aus dem Silicon Valley betreibt gegenüber Diskriminierung einer Null-Toleranz-Politik. In ihren Antidiskriminierungsrichtlinien legt Airbnb fest: «Wenn du keine Wohnbereiche mit Gästen teilst, ist dir Folgendes nicht gestattet: Ablehnung eines Gastes aufgrund seines Geschlechts.»

Neue Regeln seit 2016

Ein Sprecher der Firma teilt auf Anfrage von 20 Minuten lediglich mit: «Wenn Airbnb darauf aufmerksam wird, dass Nutzer gegen bestimmte Aspekte dieser Richtlinien verstossen, ergreift das Unternehmen entsprechende Massnahmen.» Dies könne auch den Ausschluss von der Plattform bedeuten. Die Regeln hat Airbnb 2016 eingeführt.

Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, befürwortet die klaren Regeln von Airbnb gegen Diskriminierung. «Die Firma ist mittlerweile sehr konsequent, was das Thema betrifft», sagt er zu 20 Minuten. Diese Haltung sei aufgrund der veröffentlichten Regeln klar ersichtlich und allen Nutzern bekannt.

Nutzer lesen Geschäftsbedingungen nicht

Doch wann wäre die Absage von Julia nicht diskriminierend gewesen? Die Ablehnung eines Gastes aufgrund seines Geschlechts müsse sachlich begründet sein, so Steiger. «Dann ist es keine unzulässige Diskriminierung.» So darf ein Hotel Kinder mit der Begründung ablehnen, es sei auf Erwachsene mit einem höheren Erholungs- und Ruhebedürfnis spezialisiert. Der Grad zwischen Vertragsfreiheit und Diskriminierung aber sei je nach Begründung schmal, sagt der Anwalt. Häufig scheitere es an der Formulierung: «Wer sich ungeschickt ausdrückt, wird kritisiert, alle anderen diskriminieren unerkannt.»

Ein weiteres Problem: Häufig würden die Nutzer die allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht lesen, sagt Steiger. Doch gerade dann, wenn Kunden über eine Plattform Geld verdienen könnten, dürfe man von ihnen erwarten, dass sie diese lesen.

Unverhältnismässige Sperre

Allerdings findet es Steiger unverhältnismässig, ohne Vorwarnung das Nutzerkonto für immer zu sperren. Zudem sei die Abfertigung von Anfragen mit Standardmails unbefriedigend. «Wegen der strengen Regeln bei Airbnb sollten Nutzer die Möglichkeit haben, sich bei Problemen zu erklären.»

Doch viele grosse Plattformen würden sich den Aufwand für eine direkte Kommunikation mit ihren Nutzern sparen. «Grosse amerikanische Plattformen sollten befriedigende Lösungen bei auftretenden Problemen bieten müssen», so Steiger. Letztlich bleibe einem oft nur der aufwendige Rechtsweg. Da es sich um einen internationalen Sachverhalt handle, müsse die Frage von Rechtswahl und Zuständigkeit aber mit Blick auf den Einzelfall geprüft werden, sagt Steiger.

*Richtiger Name der Redaktion bekannt

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