Sind Dash-Cams als Beweismittel geeignet?

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VerkehrssicherheitSind Dash-Cams als Beweismittel geeignet?

Autokameras können dabei helfen, Unfälle zu rekonstruieren. Ob ein Gericht die Aufnahmen jedoch zulassen würde, ist unklar. Der Grund: Es fehlt an Beispielen aus der Praxis.

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Autofahrer installieren oftmals freiwillig eine Dash-Cam in ihrem Fahrzeug. Bei einem Unfall kann so die eigene Unschuld bewiesen werden. Es kann aber auch passieren, dass die Kamera Beweise gegen einen selbst liefert. Dies ist jüngst dem Aargauer FDP-Ständerat Philipp Müller widerfahren.

Als er vor rund einem Jahr mit seinem weissen Mercedes einen Unfall mit einer Rollerfahrerin baute, zeichnete die Dash-Cam alles auf. Mit Hilfe dieser konnte die Staatsanwaltschaft den Ablauf des Unfalls genau rekonstruieren und aufzeigen: Es war fahrlässig, dass der Politiker zum Unfallzeitpunkt noch fuhr.

Keine Beispiele in der Praxis

Die Aargauer Behörden hätten nicht zum ersten Mal auf die Hilfe der Kamera zählen können, wie Fiona Strebel, Sprecherin der Staatsanwaltschaft der «Aargauer Zeitung» bestätigt. Noch ist aber offen, ob ein Gericht die Aufnahmen als Beweis zulassen würde. Der Grund: Es fehlt an Beispielen aus der Praxis.

Gemäss dem Zürcher Staatsanwalt und Verkehrsexperten Jürg Boll würde ein Richter die Aufnahmen als Beweismittel zulassen, wie er zu der Zeitung sagt. «Stellen Sie sich einen Unfall vor, bei dem die Aufnahmen einer Dash-Cam den Aussagen des einzigen Zeugen widerspricht. Es wäre extrem unbefriedigend, wenn jetzt der Richter sich bei seinem Urteil auf den Zeugen verlassen müsste, obwohl er weiss: Er täuscht sich.»

Daten werden bald häufiger gebraucht

Auch Rechtsanwalt Martin Steiger sieht das ähnlich mit den Dash-Cam-Aufnahmen: «Im Zweifelsfall ist davon auszugehen, dass sie zulässig sind. In der Schweiz kennen wir keine absoluten Beweisverwendungsverbote. Im Zweifelsfall entscheidet ein Richter, das liegt in seinem Ermessen», sagt er zu «SRF News».

Gemäss ihm kommt es noch nicht so häufig vor, dass die Daten verwendet werden. «Aber es wird immer häufiger», fügt er hinzu. «Moderne Autos sind Computer auf Rädern. Da wird viel aufgezeichnet. Es ist nur logisch, dass in einem Strafverfahren solche Daten auch verwendet werden.»

Einseitige Aufnahmen

Die Versicherung AXA Winterthur bezeichnet die Dash-Cams als hilfreich bei der Unfallanalyse. Doch empfiehlt sie nicht proaktiv: «Die Dash-Cam zeigt nur die Sicht in eine Richtung und liefert Daten nur dann, wenn sie eingeschaltet ist», sagt Sprecherin Mirjam Eberhard zur «Aargauer Zeitung». Für die Unfallrekonstruktion seien Crash- und Drive-Recorder geeigneter. Die Geräte speichern auch Daten wie Geschwindigkeit oder Beschleunigungskräfte.

Kritisch betrachtet werden die Dash-Cams auch vom Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB). Es sei nicht zulässig, «wenn eine Dash-Cam wahllos Daten sämtlicher Personen aufzeichnet, die sich in ihrem Aufnahmebereich aufhalten», sagt Sprecher EDÖB-Francis Meier zu der Zeitung. Es sei weniger problematisch, wenn das Gerät nur bei einem Unfall aufnehmen würde.

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