Freispruch: Dashcam-Aufnahmen kein Beweismittel bei unerlaubtem Rechtsüberholen

Foto: Dashcam, die mit einem Saugnapf an der Windschutzscheibe befestigt ist

Gerichte müssen sich vermehrt mit der Frage befassen, ob Dashcam-Aufnahmen als Beweise verwertet werden dürfen. In einem aktuellen Fall urteilte das Kantonsgericht Schwyz über die Beweisverwertbarkeit.

Der Sachverhalt präsentierte sich wie folgt:

«Ein Fahrlehrer filmte am 8. Oktober 2015 mit einer in seinem Auto installierten, permanent aufzeichnenden Dashcam, wie ein ihm unbekannter Fahrzeuglenker auf der Autobahn kurz vor der Ausfahrt Goldau mit zu hoher Geschwindigkeit unerlaubt rechts überholte. Erst die Kantonspolizei konnte durch eine Vergrösserung der entsprechenden Filmsequenz das Autokennzeichen entziffern.»

Die Staatsanwaltschaft und das erstinstanzliche Gericht hielten die Verwertung der Dashcam-Aufnahmen für zulässig:

«Das Bezirksgericht Schwyz liess die Dashcam-Aufzeichnungen als Beweis zu und verurteilte den von der Staatsanwaltschaft Innerschwyz angeklagten Fahrzeughalter.»

Das Kantonsgericht hingegen entschied als oberstes kantonale Gericht mit Urteil STK 2017 1 vom 20. Juni 2017 gegen die Beweisverwertung (mit Hervorhebung):

«Die Polizei hätte das Geschehen nicht selber filmen können. Der Fahrlehrer war ohne Schüler unterwegs und durch die Fahrweise des Beschuldigten nicht tangiert. Er filmte das Verkehrsgeschehen im konkreten Fall also ohne ersichtlichen Anlass. Die Dashcam-Aufzeichnungen verletzen deshalb Datenschutzvorschriften. Die gefilmten Verkehrsregelverletzungen, obwohl sie mutmasslich grob waren, stellen keine schwerwiegenden Straftaten dar. Die rechtsstaatlichen Anforderungen an eine justizförmige Strafverfolgung und die Interessen des Beschuldigten am Schutz seiner Personendaten überwiegen unter diesen Umständen diejenigen der Strafverfolgung an der Wahrheitsfindung und der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs. Daher sind die Dashcam-Aufzeichnungen unverwertbar und ist der Beschuldigte mangels anderer Beweise freizusprechen.»

Die Verwertbarkeit von rechtswidrig erlangten Beweisen ist in der Schweiz nicht in jedem Fall ausgeschlossen (insbesondere gemäss Art. 141 Abs. 2 StPO):

«Beweise, die Strafbehörden in strafbarer Weise oder unter Verletzung von Gültigkeitsvorschriften erhoben haben, dürfen nicht verwertet werden, es sei denn, ihre Verwertung sei zur Aufklärung schwerer Straftaten unerlässlich.»

Aus dem Urteil kann man schliessen, dass man (auch) mit einer Dashcam nicht ohne ersichtlichen Anlass und ständig filmen darf. Auch im Strassenverkehr müssen Privatpersonen die Faustregeln zur Videoüberwachung beachten.

Der Beschuldigte wurde mit insgesamt 5’430.00 Franken für einen Teil seiner Anwaltskosten und Auslagen entschädigt. Gegen das Urteil kann Beschwerde beim Schweizerischen Bundesgericht erhoben werden.

Quellen:

Bild: Flickr / Paul Townsend, CC BY-ND 2.0 (generisch)-Lizenz.

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