Falschmeldung: Klingelschilder mit Namen verletzen nicht die DSGVO

Foto: Fünf Türklingeln in vertikaler Anordnung mit der Beschriftung «Bitte» «alle» «fünf» «Klingeln» «bestätigen !!!»

Die Meldung ging um die Welt: In Österreich müssten bei den Klingelschildern von mindestens 220’000 Wohnungen die Namen durch Nummern ersetzt werden. Schuld sei die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) der Europäischen Union (EU), nachdem sich ein Mieter beschwert habe …

Es handelt sich um eine Falschmeldung, wie die Europäische Kommission – auch mit Verweis auf die deutsche Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) – bei Facebook schreibt («Die EU entscheidet nicht, was auf deinem Klingelschild steht»).

Die BfDI veröffentlichte folgendes «Statement […] zur Entfernung von Klingelschildern»:

«Die Aufforderung zur Entfernung sämtlicher Klingelschilder ist unnötig.

[…] Das Ausstatten der Klingelschilder mit Namen für sich genommen stellt weder eine automatisierte Verarbeitung noch eine tatsächliche oder beabsichtigte Speicherung in Dateisystemen dar. Insofern ist in entsprechenden Fällen in der Regel gar nicht der Anwendungsbereich der DSGVO nach deren Artikel 2 Absatz 1 eröffnet. Selbst wenn die DSGVO anwendbar wäre, käme als Rechtsgrundlage neben einer Einwilligung auch Artikel 6 Absatz 1 Buchst. f DSGVO (Interessenabwägung) als Rechtsgrundlage in Betracht. Der Mieter hätte dann in besonderen Fällen ein Widerspruchsrecht gegen die Verarbeitung nach Artikel 21 DSGVO. Die DSGVO bietet verschiedene Rechtsgrundlagen für Datenverarbeitungen, die auch genutzt werden sollten.»

Und:

«Die BfDI rät dringend allen Verbänden und Institutionen, sich in derartigen Fällen mit Breitenwirkung vor Versand von Informationsschreiben bei den zuständigen Aufsichtsbehörden nach der Rechtslage zu erkundigen.»

Eine vergleichbare Mitteilung «Klingelschild und Datenschutz» veröffentlichte das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA):

«Nachdem nun nicht mehr nur eine Wiener Wohnungsbaugesellschaft ihre unsinnigen Pläne veröffentlicht hat, wegen der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) Klingelschilder bei Wohnblocks zu entfernen, sondern es auch in Deutschland derartige Bestrebungen gibt, ist es notwendig, klar und deutlich darauf hinzuweisen, dass es eine derartige Notwendigkeit aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht gibt.»

Wie immer drückt man sich in Bayern etwas deutlicher aus:

«Ich finde es sehr problematisch und auch sehr schade, dass durch diese unsinnigen Behauptungen die sehr gute Datenschutz-Grundverordnung als Begründung für etwas herangezogen wird, was sie gar nicht fordert und sie damit als ‹weltfremdes europäisches Recht› diskreditiert wird. Äußerungen in der Art, dass ein Mieter sich nur bei der Aufsichtsbehörde beschweren müsse, wenn sein Klingelschild nicht entfernt werde und die Aufsichtsbehörde dann ein Bußgeld von 20 Mio. EUR verhängen werde, was rechtlich völlig ausgeschlossen ist, zeigt, dass es hier um Panikmache oder Streben nach Medienpräsenz geht, aber jedenfalls nicht um wirklichen Datenschutz,› so Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht.»

Es ist zu befürchten, dass die Falschmeldung trotzdem noch lange im Umlauf sein wird.

(Vielen Dank an Marco Heit für seinen Hinweis!)

Bild: Pixabay / ChristophMeinersmann, Public Domain.

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