Deutscher Datenschutz-Generator: 250 Euro-Abmahnung für eine Datenschutz­erklärung?

Foto: Euro-BanknotenBei Datenschutzpartner meldete sich kürzlich ein Kunde: Er sei für die Datenschutzerklärung auf seiner Website von einem deutschen Rechtsanwalt abgemahnt worden. Und diese Datenschutzerklärung sei mit dem Datenschutz-Generator von Datenschutzpartner erstellt worden!

Ein kurzer Blick auf die betreffende Datenschutzerklärung zeigte, dass sie nicht mit dem Datenschutz-Generator von Datenschutzpartner erstellt worden war.

Hingegen hatte der Kunde tatsächlich Anwaltspost erhalten. Das Schreiben stammte von den Anwaltskollegen von Weiß & Partner aus dem deutschen Esslingen. Partner dieser Anwaltskanzlei sind die Anwaltskollegen Alexander Bräuer, Frank Weiß und Klaus Weiß.

Hinweis: Betroffene Personen in Deutschland können wir als schweizerische Anwalskanzlei leider nicht unterstützen.

Was fordert die Anwaltskanzlei Weiß & Partner?

Im Wesentlichen schreibt Anwaltskollege Weiß, die Datenschutzerklärung sei mit dem kostenlosen Datenschutz-Generator seiner Anwaltskanzlei erstellt worden. Die Veröffentlichung der Datenschutzerklärung sei aber ohne die erforderliche Verlinkung auf den Datenschutz-Generator erfolgt.

Anwaltskollege Weiss bietet an, die «bisherige unberechtigte Verwendung unserer Datenschutzerklärung durch die Zahlung eines pauschalen Lizenzschadensersatzes in Höhe von 250 EUR abzugelten». Mit der Zahlung könne die Datenschutzerklärung weiterhin genutzt werden.

Die Anwaltskanzlei von Anwaltskollege Weiß betreibt den erwähnten Datenschutz-Generator. Für die berechtigte Verwendung der erstellten Datenschutzerklärungen muss nicht in Euro, aber mit «Link Juice» bezahlt werden. Der Datenschutz-Generator dient dem Kanzlei-Marketing und soll die Sichtbarkeit der Anwaltskollegen von Weiss & Partner im digitalen Raum fördern.

Ist die Forderung von 250 Euro berechtigt?

There Is No Such Thing As A Free Lunch, kurz TINSTAFL: Im Leben ist (fast) nichts kostenlos.

Meines Erachtens dürfen die Anwaltskollegen von Weiß & Partner fordern, für die Veröffentlichung von Datenschutzerklärungen, die mit dem Datenschutz-Generator ihrer Anwaltskanzlei erstellt wurden, mit einer Verlinkung belohnt zu werden.

Auf diesen Anspruch weisen die Anwaltskollegen von Weiss & Partner auf ihrer Website deutlich hin, weshalb von einer Abmahnfalle keine Rede sein kann:

«Einzige Bedingung für die kostenfreie Nutzung unseres Datenschutz-Generators ist, dass der Hinweis nebst Link auf diesen Generator nicht aus der Vorlage entfernt wird. Auch nicht bei der teilweisen Übernahme der Texte der Datenschutzerklärung.»

Allerdings ist diskutabel, ob ein «pauschaler Lizenzschadensersatz in Höhe von 250 EUR» angemessen ist.

Genauso diskutabel ist, ob die erstellten Datenschutzerklärungen tatsächlich urheberrechtlichen Schutz geniessen, wie Anwaltskollege Weiß in seinem Schreiben behauptet:

«Der guten Ordnung halber weisen wir darauf hin, dass derartige Texte, wie z.B. auch AGB, urheberrechtlichem Schutz unterliegen.»

Die Forderung von pauschal 250 Euro dürfte in erster Linie dem Umstand geschuldet sein, dass es sich um einen Beitrag handelt, den viele betroffene Website-Betreiber mit wenig Murren bezahlen.

Grundsätzlich halte ich die Forderung der Anwaltskollegen von Weiß & Partner, finanziell entschädigt zu werden, wenn jemand nicht mit «Link Juice» bezahlt, jedenfalls für berechtigt.

Wie sollen sich betroffene Website-Betreiber verhalten?

Bei einer Forderung von 250 Euro lohnt es sich – allein finanziell gesehen – nicht, die Angelegenheit näher zu prüfen.

Wer tatsächlich eine Datenschutzerklärung aus dem Datenschutz-Generator der Anwaltskollegen von Weiß & Partner ohne «Link Juice» verwendet hat, kann sich mit 250 Euro vergleichsweise günstig «freikaufen».

Wer den Betrag für zu hoch hält oder sich den Betrag nicht leisten kann, sollte Anwaltskollege Weiß eine entsprechende Rückmeldung geben.

Wichtig ist, auf Nummer sicher zu gehen, dass das Schreiben tatsächlich von der Anwaltskanzlei von Anwaltskollege Weiß stammt. Es kommt immer wieder zu Betrug mit gefälschten Abmahnungen, zum Teil auch mit Identitätsdiebstahl bei Rechtsanwälten.

Was kann passieren, wenn nicht bezahlt wird?

Die Anwaltskollegen von Weiss & Partner verschicken ihre Forderungen per E-Mail. Wer auf die erste E-Mail nicht innert sieben Tagen reagiert, erhält eine zweite E-Mail.

In dieser E-Mail droht Anwaltskollege Weiß mit einer Klage vor Gericht:

«[W]ir haben zur Kenntnis genommen, dass Sie es auf unsere untenstehende E-Mail hin nicht einmal für nötig erachten, die Quellenangabe nebst Link auf Ihrer Seite einzufügen. Offensichtlich ist Ihnen nicht an einer außergerichtlichen Beilegung der Auseinandersetzung gelegen.»

Und (mit Hervorhebung):

«Insofern sehen wir keine andere Möglichkeit, als nunmehr die Angelegenheit auf dem ‹offiziellen Weg› weiterzuverfolgen. Wir weisen an dieser Stelle jedoch der guten Ordnung halber darauf hin, dass wir insofern auch die uns zustehenden Unterlassungsansprüche durchsetzen werden. Entsprechende Urteile des Amtsgerichts Esslingen und Stuttgart (in anderen Parteiverhältnissen) fügen wir zu Ihrer Kenntnis bei. Diese Amtsgerichte haben den Streitwert des Unterlassungsanspruchs mit 3.000 EUR beziffert. Hinzu kommt der Schadensersatzbetrag in Höhe von 250 / 500 EUR, so dass sich insgesamt ein Streitwert von 3.250 / 3.500 EUR errechnet.»

Die erwähnten Urteile stammen aus dem Jahr 2016. Es handelt sich um ein Anerkenntnisurteil und zwei Versäumnisurteile, das heisst, das Gericht musste mangels Widerstand der Beklagten gar nicht in der Sache entscheiden. Ob es sich um Beklagte in der Schweiz handelte, ist nicht ersichtlich, aber unwahrscheinlich.

Wenn es neuere Urteile gäbe, würde Anwaltskollege Weiß diese in seiner Korrespondenz sicherlich erwähnen. Gerade Urteile in der Sache und gegen Gegenparteien in der Schweiz wären erwähnenswert, um den Druck auf die Abgemahnten zu erhöhen.

Würde die Anwaltskanzlei Weiß & Partner tatsächlich klagen?

Die Anwaltskollegen von Weiß & Partner haben das Problem, dass sich die Durchsetzung einer deutschen Forderung von 1’000 oder auch 2’000 Euro in der Schweiz normalerweise nicht lohnt. Gerade bei einer Gegenpartei, die im Handelsregister eingetragen ist und nicht zahlen möchte, würde selbst im Erfolgsfall für die deutschen Anwaltskollegen am Schluss ein finanzielles Minus resultieren.

Ich rate dennoch davon ab, berechtigte Schreiben der Anwaltskanzlei Weiß & Partner zu ignorieren.

Das Anliegen von Anwaltskollege Frank Weiß und seinen Partnern ist grundsätzlich berechtigt, wenn man tatsächlich den Datenschutz-Generator genutzt hat, ohne bei der Veröffentlichung der Datenschutzerklärung den geforderten «Link Juice» zu spenden. Die Anwaltskanzlei Weiß & Partner ist nicht Teil der deutschen Abmahnindustrie.

Was fällt bei den Schreiben auf?

Anwaltskollege Weiß scheint die Forderungen für seine Anwaltskanzlei nur per E-Mail zu versenden, aber nicht davon auszugehen, dass E-Mails nicht ankommen oder aus anderen berechtigten Gründen (erst einmal) keine Reaktion erfolgt.

Wenn die Anwaltskollegen von Weiß & Partner auf Nummer sicher gehen wollten, müssten sie spätestens die zweite E-Mail auch per Briefpost mit Sendungsverfolgung (Einschreiben oder vergleichbar) versenden.

Die Annahme, jemand wolle keine «außergerichtlichen Beilegung der Auseinandersetzung», bloss weil auf eine erste E-Mail nicht reagiert wurde, ist offensichtlich falsch.

Dabei setzt Anwaltskollege Weiß in seinen Schreiben mit sieben Tagen eine äusserst kurze Zahlungsfrist:

«Sollte der vorgenannte Betrag innerhalb der nächsten 7 Tage bei uns unter Nennung Ihrer Domain eingehen […], werden wir von weiteren Schritten bezüglich der bisherigen unberechtigten Verwendung unserer Datenschutzerklärung absehen.»

Geldforderungen per E-Mail sollten sorgfältig geprüft werden, denn betrügerische E-Mails sind weit verbreitet. Auch braucht die Prüfung, ob eine Abmahnung oder sonstige anwaltliche Forderungen berechtigt sind, etwas Zeit, häufig mit Beratung durch einen Rechtsanwalt.

Mit Sendungen auch oder nur per Briefpost spätestens ab der zweiten Mitteilung sowie einer etwas längeren Zahlungsfrist könnten die Anwaltskollegen von Weiß & Partner allenfalls ein besseres Ergebnis erzielen.

Was taugt der kostenlose Datenschutz-Generator?

Für Verantwortliche in der Schweiz sind die erstellten Datenschutzerklärungen nicht geeignet. Der Datenschutz-Generator berücksichtigt nicht das schweizerische Datenschutzrecht, was die Anwaltskanzlei Weiß & Partner übrigens auch nicht behauptet.

Verantwortliche in der Schweiz, die den Datenschutz-Generator nutzen, riskieren, sich – häufig ohne es zu wollen und fast immer ohne Notwendigkeit – vollständig der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zu unterwerfen, gleichzeitig aber das schweizerische Datenschutzrecht nicht einzuhalten.

Was der Datenschutz-Generator für deutsche Verantwortliche taugt, möchte ich nicht beurteilen.

Zur Vorsicht mahnt, dass ausdrücklich von einem «Generator für DSGVO-konforme Muster-Datenschutzerklärung» die Rede ist:

«Unser kostenloser DSGVO-konformer Generator für ein Muster einer Datenschutzerklärung soll Ihnen erste Anhaltspunkte für eine wirksame Vorlage einer Datenschutzerklärung liefern und damit dazu beitragen, Internetauftritte rechtssicher und abmahnsicher zu gestalten, hierdurch Kosten und Risiken vermeiden und letztlich gegenüber der Internetöffentlichkeit einen verantwortungsvollen Umgang mit den Daten Ihrer User signalisieren.»

Die Betonung, dass es sich lediglich um eine Muster-Datenschutzerklärung handelt, findet sich auch in der Verlinkung, wie sie die Anwaltskollegen von Weiß & Partner als Gegenleistung fordern:

«Muster-Datenschutzerklärung der Anwaltskanzlei Weiß & Partner»

Genauso mahnt zur Vorsicht, dass es den Datenschutz-Generator seit April 2022 in einer neuen Version gibt, deren Aktualität aufgrund einiger Auswahlmöglichkeiten aber fraglich ist. In der Kategorie «Social Media» ist das längst eingestellte Google+ zu finden.

Siehe auch: Wie erstellt man die perfekte Datenschutzerklärung für eine Website? (Cyon)


Nachtrag vom 24. Februar 2023: Anwaltskollege Frank Weiß teilte per E-Mail mit, nicht er selbst, sondern die Anwaltskanzlei Weiß & Partner betreibe einen Datenschutz-Generator, wobei aber keine Abmahnungen verschickt, sondern Vorschläge unterbreitet würden. In der gleichen E-Mail teilte Anwaltskollege Frank Weiß mit, sich an der Erwähnung der Bankverbindung seiner Anwaltskanzlei im Zusammenhang mit dem Zitat zur gesetzten Zahlungsfrist zu stören.

Wir haben den Beitrag aus Kulanz entsprechend angepasst.

Bild: Pixabay / Alexas_Fotos, Public Domain-ähnlich.

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