
Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Bild-Agenturen und -Archive (SAB) hat ihre «Preisempfehlungen für Bildmaterial» in der «Edition 2024» veröffentlicht.
Die «Honorar- und Konditionsempfehlungen», wie die SAB ihre Publikation nennt, sollen «allen am Bildermarkt Beteiligten eine wichtige Informations-und Orientierungshilfe» bieten.
Die Empfehlungen, so die SAB, «sorgen für Transparenz und geniessen in der Werbe- und Medienbranche Beachtung und Anerkennung».
Die Publikation ist auf Deutsch, Englisch und Französisch zum Preis von 30 Franken als PDF-Download erhältlich.
In der Praxis begegnen mir die SAB-Preisempfehlungen vor allen, wenn mit Abmahnungen finanzielle Forderungen für die angebliche Verletzung von Urheberrechten gestellt werden.
Die Preisempfehlungen liegen normalerweise deutlich über den Preisen, die Fotografen, Agenturen und sonstige Rechteinhaber im Markt tatsächlich erzielen können. Das zeigt eindrücklich ein jüngerer Bundesgerichtsentscheid, mit dem die SAB-Preisempfehlungen um mehr als Faktor 50 korrigiert wurden.
Das Problem anerkennt auch die SAB, wenn sie ihre Empfehlungen als «Verhandlungsbasis» mit «Richtpreisen» beschreibt, die «keine Vorgabe» darstellen. Für viele Fotografen und Rechteinhaber wäre es erfreulich, wenn sie die empfohlenen Preise erzielen könnten, aber das gibt der Markt mit seinem Überfluss an Bildern normalerweise nicht her.
Wer bezahlt 600 Franken, um ein einziges Bild bei Facebook während drei Jahre nutzen zu dürfen?
Das Problem zeigen beispielhaft die Empfehlungen für «Social Media», nämlich für «Facebook, X, LinkedIn, XING, Pinterest, Tumblr, Instagram, TikTok, Youtube, WhatsApp».

Es gibt keinen relevanten Markt für Social-Media-Bilder, die lediglich auf einzelnen Plattformen und bloss für ein Jahr genutzt werden dürfen – unabhängig vom Preis.
Genauso gibt es keinen relevanten Markt für Bilder mit Quellenangaben direkt im Bild. Das liegt auch daran, dass man die Quellenangaben mitten im Bild unterbringen müsste, damit sie immer sichtbar wären.
Unklar ist, wie Lizenznehmer bzw. «Käufer» das Framing oder die sonstige Nutzung durch Dritte verhindern können sollten. Bei Social-Media-Plattformen gehört die Nutzung durch Dritte zu den grundlegenden Funktionen.
Wer bezahlt die empfohlenen 600 Franken netto für ein einzelnes Bild, das lediglich während drei Jahren auf einer einzigen Social-Media-Plattform genutzt werden darf?
(300 Franken für einen «Channel» plus Zuschlag von 100 % für den «fehlenden Bildquellennachweis».)
Im Alltag werden Bilder grundsätzlich ohnehin nicht allein für die Social-Media-Nutzung lizenziert, sondern für jede Online-Nutzung ohne zeitliche Beschränkung und ohne (absolute) Pflicht für Quellenangaben.
Bei Adobe Stock beispielsweise kosten standardmässige Bilder im Abonnement maximal 3.30 Franken für eine zeitliche unbeschränkte Nutzung, die nicht auf Social-Media-Plattformen oder überhaupt auf den digitalen Raum beschränkt ist.
Nein, für die Nutzung von Bildern aus dem Internet braucht es nicht immer eine Genehmigung
Wie die SAB ihre «Preisempfehlungen» ermittelt, ist mir nicht bekannt. Die vergleichbaren deutschen MFM-Bildhonorare werden mit einer anonymen (!) Umfrage ermittelt.
Bei den SAB-Preisempfehlungen fällt einmal mehr auf, dass der neue Lichtbildschutz in der Schweiz erwähnt, aber nicht ausdrücklich berücksichtigt wird.
Mit dem Urheberrecht nimmt es die SAB interessanterweise nicht besonders genau, wenn sie Folgendes schreibt:
«Bilder, die man im Internet – zum Beispiel via Google – findet, dürfen nicht verwendet werden, wenn man den Urheber nicht ausfindig machen kann. Für jede Verwendung ist eine Genehmigung des Fotografen oder seiner Agentur einzuholen.»
Viele Bilder, die man im Internet findet, dürfe ohne Genehmigung verwendet werden. Viele Bilder werden unter freien Lizenzen veröffentlicht oder sind nicht (mehr) urheberrechtlich geschützt.
Die Verwendung ohne Genehmigung kann sogar für Bilder, die noch urheberrechtlich geschützt sind, zulässig sein. Das Urheberrecht kennt verschiedene Ausnahmen bzw. Schranken, zum Beispiel für das Zitieren (Zitatrecht, Art. 25 URG) und für die Berichterstattung über aktuelle Ereignisse (Art. 28 URG).
Rechtssichere Verwendung von Bildern im Internet in der Schweiz
Siehe auch:
- Bilder und Videos legal im Internet verwenden – Grundsätzliches zum Bildrecht und Tipps für die Praxis (Medialex)
- SAB-Preisempfehlungen 2021 für Bilder im digitalen Raum
- SAB-Preisempfehlungen 2019 für Bilder im Internet
- SAB-Preisempfehlungen 2017 für Abmahnungen in der Schweiz
Bild: Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Bild-Agenturen und -Archive (SAB).